Beobachten - Reflektieren - Dokumentieren

„Im Wort Beobachtung stehen die Wörter achten, beachten und ob.

Nimmt man sie ernst, so sind darin Zuwendung (achten), Konzentration (beachten) und Fragen (ob?) enthalten.

                                                                                                                                                                                                   Kazeni Veisari

 

Die Bildungsvereinbarung definiert die „Beobachtende Wahrnehmung“ der Kinder durch die Erzieher als Grundlage für eine zielgerichtete Bildungsarbeit im Kindergarten.


Voraussetzung für die Beobachtung und Dokumentation der Bildungsentwicklung eines Kindes ist das schriftliche Einverständnis der Eltern, das bei der Anmeldung erfragt wird.


Schon seit der Gründung des Mühlenbergkindergartens spielt die genaue Beobachtung, Reflexion und schriftliche Dokumentation eine große Rolle. Die Erzieher nehmen das Kind in unterschiedlichsten Situationen bewusst wahr, notieren sich wichtige Aspekte seines Verhaltens und reflektieren im Team darüber, um es in seiner ganzen Persönlichkeit zu unterstützen und zu fördern.


Gelegenheitsbeobachtungen finden täglich statt und dienen dazu, das Kind in seinen jeweiligen Eigenheiten zu erkennen und entsprechend zu begleiten und zu fördern.


Im Haupthaus, sowie in der Außengruppe finden die zuvor genannten Methoden Anwendung.


Im Anschluss an gezielte Beobachtungen werden die Ergebnisse ausgewertet, um zu überprüfbaren Lernzielen für jedes Kind zu kommen. Zuvor festgelegte Kriterien unterstützen beim Beobachten und bei der anschließenden Auswertung.


Wir legen großen Wert auf einen regelmäßigen Austausch im Klein-, sowie im Großteam. Dieser Austausch ermöglicht es uns, die Entwicklung aus den einzelnen Bildungsbereichen zusammenzufassen und den aktuellen Entwicklungsstand zu dokumentieren. 


Eine andere Form der Reflexion und Planung bieten die wöchentlich stattfindenden Teamsitzungen, in denen konkrete, detaillierte Fallbesprechungen durchgeführt werden. 


 

4.1. betrifft das Haupthaus

Seit Beginn des Kindergartenjahres 2005/2006 kommen im Haupthaus die „Gelsenkirchener Entwicklungsbegleiter“ der Arbeitsgruppe „Früherkennung der PSAG Gelsenkirchen“ zum Einsatz.


Diese orientieren sich explizit an der Bildungsvereinbarung. Sie sollen die Erzieher in ihrer Alltagspraxis ermöglichen, schnell und unkompliziert zu erkennen, wie weit ein Kind in verschiedenen Bereichen (Sprache, kognitive Entwicklung, soziale Kompetenz, Feinmotorik, Grobmotorik) entwickelt ist und wo es verstärkt Unterstützung benötigt.


Zusätzlich werden hierzu Ergänzungen in schriftlicher Form hinzu gefügt, die ein genaues Bild über den Entwicklungsstand veranschaulichen.


Nach jedem Elterngespräch werden Gesprächsprotokolle angefertigt. Auch die Entwicklungsbegleiter stellen eine wichtige Grundlage für Elterngespräche dar.

 

             Gelsenkirchener Entwicklungsbegleiter

 

Das Bielefelder Screening (BISC) bieten wir 10 Monate vor der Einschulung der Kinder, unter Berücksichtigung der Einverständniserklärung der Eltern an.


Es ist ein erprobtes Verfahren zur Früherkennung von Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten. Dieses wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen eines geförderten Projektes von der Uni Bielefeld entwickelt und erprobt.


Das BISC steht in enger Verbindung mit dem Würzburger Förderprogramm Hören - Lauschen - Lernen (HLL), welches im Konzept der Sprachförderung erläutert ist.

 

 

4.2. betrifft die Außengruppe

Zu unseren festgelegten Beobachtungsverfahren zählen „Portfolios“ und die „Kuno Beller Entwicklungstabelle“.

Portfolios sind gezeichnete oder bemalte Blätter, die in einer Sammelmappe aufbewahrt werden. 


Die Sammelmappe (Ordner) trägt den Namen „Schatzkammer von Erinnerungen aus den ersten Lebensjahren“. Er enthält außerdem spontane Beobachtungen, Fotos, kleine Erlebnisberichte und erzählende Lerngeschichten. Gemeinsam mit den Kindern gestalten die Erzieher die Ordner.


Hierdurch entwickelt sich ein Bewusstsein für das eigene Tun und für das Erkennen eigener Fortschritte.


Die „Kuno Beller Entwicklungstabelle“ richtet sich an Kinder im Alter von 0 - 4 Jahren. Sie gibt in acht Entwicklungsbereichen (Körperpflege, Umwelterfahrung, sozial – emotionale Entwicklung, Spieltätigkeit, Sprache, Kognition, Fein – und Grobmotorik) eine Übersicht über die kindliche Entwicklung.


Zugleich ist sie ein Instrument, mit dem der individuelle Entwicklungsstand erhoben werden kann.


Anhand von Beobachtungen soll der Erzieher ein Bild von der Individualität eines jeden Kindes bekommen, um entsprechend individuelle, pädagogische Angebote anbieten zu können.


Diese Beobachtungen erfolgen im Kindergartenalltag in natürlichen Situationen, durch die Erzieher innerhalb der Gruppe.

Bei den „Bildungs- und Lerngeschichten“ stehen die individuellen Lernprozesse von Kindern im Mittelpunkt. Grundlage und Ausgangspunkt der Geschichten sind die „learning stories“, die Margaret Carr von der Waikato Universität in Neuseeland Ende der 1990er Jahre entwickelte.


Ziel ist es, die Bildungs- und Lernwege von Kindern zu verstehen, Kinder zu unterstützen und ihnen schrittweise eine immer differenziertere Partizipation zu ermöglichen.


Aus diesem Grund werden mit Hilfe der Bildungs- und Lerngeschichten Lernprozesse von Kindern beobachtet, beschrieben, interpretiert und diskutiert. Das daraus resultierende bessere Verstehen des Kindes wird dann genutzt, um den Kindern gezielte Angebote anzubieten.

 

Bsp. einer Lerngeschichte

Datum


„Liebe Lina,


in der letzten Zeit habe ich Dich mehrfach beobachtet und aufgeschrieben, was Du gemacht hast. Ich glaube, es interessiert Dich sehr zu beobachten, wie die anderen Kinder im Sand spielen. Du findest es aufregend, sie zu beobachten und strengst Dich sehr an, alles genau zu sehen. Einmal hast Du ganz lange beobachtet, wie die Kinder Sandkuchen gebacken haben und Dich dann sehr gereut, als sie fertig waren.

Ein anderes Mal hast Du zugeschaut, wie die anderen Kinder ein Planschbecken mit Wasser gefüllt haben. Nach einer Weile hast Du Dich getraut, Deine Hand in das Wasser zu halten und mit den anderen Kindern zusammen Wasser zu spritzen. Da hast Du nicht nur zugeschaut, sondern teilgenommen und mitgemacht, und ich habe mich sehr darüber gefreut.


Neulich habe ich dann auch gesehen, wie Du in den Sandkasten gestiegen bist und mit Fred zusammen Matsch in ein Sandförmchen gefüllt hast. Das hast Du zum ersten Mal gemacht. Du hast den Sand richtig angefasst. Vorher hast Du immer am Rand des Sandkastens gestanden und den Sand nicht so gern gemocht. Du hast gelernt, wie sich der Sand anfühlt und was man alles damit tun kann. Ich glaube, gerade lernst Du im Kindergarten, wie Du es schaffst, die Dinge in die Hand zu nehmen und mitzumachen, wenn Dich etwas interessiert.“

 

Unterschrift des Erziehers

 

 

Wechselt ein Kind aus der Außengruppe in das Haupthaus, so findet ein Übergabegespräch zwischen Fachkräften und Eltern statt. Mit Beendung der Kindergartenzeit, wird den Eltern die gesamte Bildungsdokumentation ausgehändigt.

 

 

Literaturnachweis zu Punkt 4.2. ff:

Einzelne Auszüge aus folgender Fachliteratur

Grundwissen Krippenpädagogik, Norbert Neuß, Cornelsen Verlag

Bildungsräume für Kinder von Null bis Drei, Angelika von Beek, verlag das netz

„Frühpädagogik – arbeiten mit Kindern von 0 bis 3 Jahren“

„Bildungsverlag EINS“ Bodenburg und Kollmann

„Bildungs – und Lerngeschichten“

„Bildungsprozesse in früher Kindheit beobachten, dokumentieren und unterstützen“ 

verlag das netz)

(Hans Rudolf Leu, Katja Flämig, Yvonne Frankenstein, Sandra Koch, Irene Pack, Kornelia Schneider, Martina Schweiger) Buch